„Weißt du, warum wir heuer nicht auf Urlaub fahren?“, meine Freundin Susanne und ich sitzen im Garten eines netten Cafés und rühren versonnen im Milchschaum unserer Cappuccinos. Ich atme tief durch und frage: „Nein, warum nicht?“ Und ich weiß, es gibt nur zwei mögliche Antworten. Entweder hat Susanne finanzielle Schwierigkeiten oder ein Beziehungsproblem.
„Ich will einfach nicht mehr, immer muss ich mich um alles kümmern.“ Ok, also ein Beziehungsproblem. Es geht um die ewige Geschichte vom Geben und vom Nehmen und vom tief empfundenen Ungerechtigkeitsgefühl. Schauen wir uns die Situation mal näher an:
Geber und Nehmer sind ein beliebtes Paar, sie scheinen einander unwillkürlich anzuziehen. Die Spielregeln sind schnell erklärt: Der Nehmer nimmt und fordert, erwartet auf eine recht kindliche Art, dass andere um ihn herum, sein Leben organisieren. Der Nehmer macht den anderen verantwortlich für seine Gefühle und sein Wohlempfinden. D.h. er übergibt dem Gegenüber sein inneres Kind.
Der Geber hingegen versteckt sein eigenes inneres Kind in der Abstellkammer und kümmert sich ausschließlich um das innere Kind – also die Gefühle – des anderen. Das geht solange gut, bis das Geber-Innere Kind mit dem Fuß aufstampft und auch sein Recht will. Dies wiederum schreckt das Geber-Ego auf (das dich nur beschützen will, man kann es nicht oft genug sagen) und sofort werden objektive Argumente von der Ungerechtigkeit des Lebens geliefert.
Auch beim Geben-Nehmen-Spiel kommt die 80:20 Regelung zum Tragen. 80% der Geber sind Frauen.
Die Nehmer – also ebenfalls zu 80% Männer – scheinen ein großes Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und Bewunderung zu haben. Ihre Art, um ihre Begierden zu erfüllen, ist die Kontrolle. Die eingesetzten Mittel sind oft eigener Rückzug („Ich habe keine Zeit“), Ärger, Beschuldigungen und Kritik. Frauen, die sich meist für die Beziehung verantwortlich fühlen, wünschen sich einen glücklichen, zufriedenen Mann, also tun sie alles, damit Ärger, Beschuldigung und Kritik ausbleiben.
Nehmer lassen es zu, dass sich andere aufgeben, damit sie selbst glücklich sind.
„Du bist verantwortlich für meine Gefühle von Schmerz und Freude. Es ist dein Job, dass ich glücklich bin.“ Du siehst, Nehmer übernehmen weder die Verantwortung für ihre Gefühle, noch für ihr Leben. Sie glauben daher, dass andere sie mehr und besser lieben können als sie sich selbst. Weigert sich das Gegenüber in diese Rolle zu schlüpfen, kommt es automatisch zu Streit und Anschuldigungen, da sich der Nehmer abgelehnt fühlt.
Praktischerweise geht oft ein Geber oder eher eine Geberin mit einem Nehmer eine Beziehung ein. Geberinnen glauben, für die Gefühle des anderen verantwortlich zu sein. (Fällt Dir etwas auf?)
Ihr Glaubenssatz: „Wenn ich es richtig mache, bist du glücklich, dadurch erhalte ich die Liebe und die Anerkennung, die ich brauche.“ Geberinnen stellen ihr eigenes inneres Kind in die Abstellkammer. Sie glauben egoistisch zu sein, wenn sie sich mal um sich selbst kümmern. Ein kurzes Ziehen des Nehmers an der energetischen Leine und die Geberin funktioniert wieder – zumindest bis zu einem bestimmten Zeitpunkt. Vervollständigt wird dieser Kreislauf durch die Idee der Geberin, sie sei nur dann liebenswert, wenn sie für die Liebe etwas leiste.
Wieviel Fürsorge ist „normal“?
Darfst du nun deinen Mann gar nicht mehr verwöhnen, nichts mehr für ihn tun? Wird dein inneres Kind in der Abstellkammer mit jeder Gefälligkeit, die du deinem Mann erweist, immer kleiner und kleiner und verstummt schlussendlich?
Nein, denn auch hier gilt wiederum: Die Motivation, die dahinter steckt, ist ausschlaggebend. Handelst du aus einer Position der Stärke, bist in deiner inneren Mitte gefestigt und weißt vor allem, dass du für die Gefühle deines Mannes nicht verantwortlich bist, dann wird dir dein inneres Kind dabei helfen, deinen Mann aus vollen Herzen mit Liebe zu überschütten.
Ist dein Handeln jedoch durch die Idee „ich muss mir Liebe verdienen“ motiviert, wird sich dein inneres Kind in die dunkelste Ecke zurück ziehen und ab und zu laut schreien und weinen. Das merkst du daran, dass du dich ärgerst, immer alles selbst erledigen zu müssen.
Ein unliebsamer Nebeneffekt: Geben im Sinne von „Dienen“, im Sinne eines „mütterlichen Services“ bringt euch in eine Mutter – Kind – Situation. Nicht umsonst hört man von Frauen öfters die Klage „Mein Mann benimmt sich wie ein Kind.“ Hier gehen nicht nur gleiche Augenhöhe und Respekt flöten, sondern auch die Leidenschaft. Wer will denn mit seiner Mutter, seinem Sohn ins Bett gehen?
Geben im mütterlichen Sinne killt die Erotik.
Geber und Nehmer installieren ein co-abhängiges System, indem die Geberin dem Nehmer gibt un er nimmt, was er braucht. Das funktioniert solange perfekt, bis die Geberin enttäuscht, zornig und erschöpft wird. Dann gerät das Beziehungssystem in Aufruhr.
Was ist das Geschenk dahinter?
Geber und Nehmer kommen zusammen, weil sie viel aneinander und miteinander lernen können. Beziehungen zwischen Gebern und Nehmern haben das wunderbare Potenzial zu wachsen, sofern beide dies erkennen können. Oft sehen Nehmer, was Geber aus ihrem verletzten Selber heraus tun und Geber sehen was Nehmer aus ihrem verletzten Selbst heraus tun. Aber keiner erkennt es bei sich. Dies ist eine sehr gute Gelegenheit die jeweilige Erkenntnis einander zum Geschenk zu machen.
Wenn du dabei Unterstützung möchtest, vereinbare ein kostenloses und unverbindliches Herzensgespräch mit mir.
Riccarda’s top 3 - für mehr Balance im Geben und im Nehmen
1. Aktiviere deinen Selbstwert:
Dem Selbstwert widme ich in meinem Beziehungsbuch-Buch, das ich gerade schreibe, ein großes Kapitel. Denn wenn du dich selbst wert schätzt und weißt, wer du bist und somit akzeptierst, dass du nicht um Liebe kämpfen musst und gleichzeitig auch weißt, dass dein Mann weder für deine Gefühle noch für dein Glück und deine Zufriedenheit verantwortlich ist – dann weißt du auch, wo du wirklich anfängst, wenn du deine Beziehung verändern möchtest…
2. Ein klares Wort:
Männer sind meistens sehr willig, unsere Wünsche zu erfüllen. Dazu sollten sie sie jedoch kennen. Diese Wünsche sehr klar auszusprechen, hilft ungemein.
3. Verbrenne dein Ego:
„Warum soll immer ich etwas tun?“ Stellst du dir diese Frage? Ich weiß genau, was du meinst, ich weiß, was in dir vorgeht, ich verstehe dich besser als du denkst. Es ist schön, recht zu haben, bringt dich aber meist nicht weiter. Willst du recht haben oder lieben? Also spring über deinen Schatten. Du solltest es tun,
– weil du es kannst
– weil du großzügig bist
– weil du die Lernchance, die darin liegt, anerkennst
– weil du eine Frau bist, die ihre Macht annimmt
Geben und Nehmen sind ein unbewusstes Spiel. Gehe in dich: bist du eher Gebende/r oder Nehmende/r? Zu welchen Gelegenheiten ist dies besonders ersichtlich? Welche Rolle spielst du, wie spielt dein Partner mit? Und wenn du magst, dann teilst du uns deine Erkenntnisse in den Kommentaren mit.
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